Die Produktion "Intolleranza" bei den Salzburger Festspielen 2021.

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Salzburg – Als im Frühjahr 2020 auf allen Kulturbühnen temporär die Lichter ausgingen, wussten viele Veranstalter nicht, wie sie den Kunstschaffenden die Absagen für Engagements abgelten sollen. Bis die Corona-Hilfszahlungen wirkten, dauerte es, im ersten Moment beriefen sich viele auf "Höhere Gewalt"-Klauseln in Verträgen, um allfälligen Forderungen zu entgehen.

Der Sänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke stellte sich schon damals an die Spitze protestierender Kunstschaffender, die letztlich erfolgreich mit der Politik und den bundesgeförderten Bühnen verhandelten und diesen Abschlagszahlungen abtrotzten. Wie der Sänger nun aber in einem offenen Brief behauptet, hätten nicht alle, denen solche Zahlungen zustünden, auch tatsächlich Geld bekommen. Konkret wären u.a. Beschäftigte eines Chors durch eine nachträgliche Änderung ihrer Verträge bei den Salzburger Festspielen leer ausgegangen.

Dem Vorschlag der Kulturpolitik, die Betroffenen mögen gesammelt über ihre jeweiligen Agenturen an die Festspiele herantreten, sei laut Ablinger-Sperrhacke nicht Folge geleistet worden. Grund sei, so der Sänger, dass es sich die Agenturen in der Regel mit Salzburg "nicht verscherzen wollen". Ablinger-Sperrhacke fordert die Politik nun auf, sich der Sache erneut anzunehmen. Mitstreitende bereiten außerdem Musterklagen vor, nachdem der Verfassungsgerichtshof in einem Urteil festhielt, dass den Kultur-Schließungen eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung mit den Religionsstätten zugrunde lag.

Vorwürfe "entbehren jeder Grundlage"

Die Salzburger Festspiele verwehrten sich auf Anfrage des STANDARD gegen die Vorwürfe, diese würden "jeder Grundlage entbehren". Fakt sei vielmehr: "Die Salzburger Festspiele haben als einziges großes Festival weltweit im Sommer 2020 stattgefunden und damit hunderten KünstlerInnen Beschäftigung gegeben. Dem Direktorium der Festspiele ist es zudem gelungen, fast alle der ursprünglich in 2020 geplanten Produktionen in 2021 und 2022 nachzuholen. Hierfür wurden mit den Solistinnen und Solisten, den Chören und Orchestern Veränderungsvereinbarungen geschlossen. Für die beiden ursprünglich in 2020 angesetzten Produktionen Intolleranza und Boris Godunow hatte die Konzertvereinigung bereits im Frühjahr Einstudierungsproben in Wien organisiert. Hierfür einigte sich das Direktorium der Salzburger Festspiele und die Konzertvereinigung auf ein Abschlagshonorar, das unverzüglich ausbezahlt wurde."

SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek reagierte in einer Aussendung auf die Vorwürfe von Ablinger-Sperrhacke und forderte die Bundesregierung auf, die Dinge zu klären: ""Es kann nicht sein, dass gerade bei hochsubventionierten Kultureinrichtungen, wo der Bund noch dazu formal Mitverantwortung hat, die freien Künstler*innen in solchen Fällen übrigbleiben. Wo bleibt da die Fairness? Ich erwarte mir, dass bis spätestens Ende des Jahres eine für die Künstler*innen akzeptable Lösung gefunden wird. Und auch für die Zukunft braucht es klare Regeln für eine faire Vertragsgestaltung, damit Künstler*innen Kompensationen für solche Fälle erhalten", so Heinisch-Hosek in der Aussendung. (red, 8.9.2022)